edition lumière

Michael Bongardt

Ein Weg ins Deutsche

Biographie, Dichtung und Glaube im Werk des israelischen Autors Elazar Benyoëtz.

Band 4 der Reihe "Pressburger Akzente: Vorträge zur Kultur- und Mediengeschichte", herausgegeben von Sabine Eickenrodt und Jozef Tancer

Cover:

Cover des Buches

Titel:

Michael Bongardt:

Ein Weg ins Deutsche. Biographie, Dichtung und Glaube im Werk des israelischen Autors Elazar Benyoëtz.

52 S., 2013 – englische Broschur

ISBN:

978-3-943245-18-9

Preis:

9,50 Euro

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Die Dichtung von Elazar Benyoëtz gibt den Wörtern ihre Vieldeutig­keit zurück, arbeitet gegen alltägliche Reduk­tionen, gegen die tenden­zielle Oberflächlichkeit der Sprache. Manche der Wortfolgen erinnern an ein Vokabelheft: Wörter werden so gegeneinan­der gestellt, dass längst vergessene Bedeutungen plötzlich sichtbar werden. Seine Neo­logismen haben die gleiche Wirkung. Benyoëtz bedient sich vor allem der Form des Aphorismus, den er als „Einsatz“ bezeichnet. Seine „Ein­sätze“ brechen konventionelle Sprachverwendungen auf und brin­gen die Gedanken der Leser auf diese Weise in Bewegung.

Der „Bruch“ mit vertrauten Sprachformen ist mehr als nur ein Stil­mittel: Benyoëtz wurde 1937 in Wiener Neustadt geboren und emigrierte mit den Eltern wenig später nach Palästina. Als 25-Jähri­ger kehrte er nach Deutschland zurück. Dort initiierte er das große Pro­jekt einer „Bibliographia Judaica“, einer Aufstellung der gesamten deutschspra­chigen jüdischen Literatur. Bei seiner Ankunft in Berlin sprach Benyoëtz, dessen erste Gedichte auf Hebräisch erschienen waren, nur wenig Deutsch, das als Sprache der Täter galt. Dann aber wurde die deutsche Sprache zur Sprache seiner Dichtung und mit sei­ner Rück­kehr nach Israel sah er sich als einen Dichter, der „für die Toten“ schreibt. Er will an die von den Nazis vernichtete jüdische Kultur deutscher Sprache erinnern, der deutschen Sprache die Kraft jüdischen Denkens wiedergeben. Als ausgebildeter Rabbiner, der aber nie in diesem Beruf arbeitete, kennt er die jüdische Liebe zum Wort, be­herrscht er die Kunst, jedes Wort zu wenden, um ihm seine Bedeu­tung abzuringen, weiß er um die Aufgabe des je neuen und nie enden­den Deutens und Tradierens der Schrift.

Der Beitrag thematisiert besonders das Ringen des Dichters um eine angemessene Sprache für die Verbindung des Menschen zu Gott. Die Nähe zu Gott, so Benyoëtz, ist nur über die Sprache des Glaubens möglich, die den Menschen aber nicht mehr ohne Weiteres zugänglich ist: Durch den millionenfachen Mord und die geplante Vernichtung des jüdischen Volkes ist das Sprechen von einem Gott, der sein Volk liebt und rettet, schwer, wenn nicht gar unmöglich geworden. Elazar Benyoëtz macht sich über die Dich­tung auf den Weg zu einer ‚neuen Sprache‘ des Glau­bens, wissend, dass sie als menschliche Sprache Gott immer unangemessen bleiben muss. Er versteht sich als Advokat des Zweifels, der für ihn mit dem Glauben eng verbunden ist. Wer glaubt, ist für ihn geradezu auf den Zweifel angewiesen, darauf verwiesen, vermeintliche Sicher­heiten permanent in Frage zu stellen. „Variationen über ein verlorenes Thema“ – nennt Benyoëtz seine um Gott ringende Dichtung, die irritierend und zugleich be­freiend sein kann.

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