Roland Berbig
Landschaft und Ort bei Günter Eich und Ilse Aichinger
Band 6 der Reihe "Pressburger Akzente: Vorträge zur Kultur- und Mediengeschichte", herausgegeben von Sabine Eickenrodt und Jozef Tancer
Titel:
Roland Berbig:
Landschaft und Ort bei Günter Eich und Ilse Aichinger
46 S.
ISBN:
978-3-943245-70-7
Preis:
EUR(D) 9,50
Diese Studie über Landschaft und Ort bei Günter Eich und Ilse Aichinger trägt kursorischen Charakter. Einerseits werden die literarischen Werke als Ganzes anvisiert, andererseits erlaubt der vorgegebene Rahmen nur punktuelle Untersuchungen – Stichproben der Lektüre. Diese setzen sowohl im Biographischen als auch im Werkgeschichtlichen an und rücken einzelne Texte der beiden Autoren in den Fokus der Untersuchung. Die skizzierte Gesamtschau ergibt eine bemerkenswerte Kontinuität im Umgang mit Landschaft und Orten. Scheint es zunächst, dass bei Eich das Landschaftliche dominiert und Ortsbezüge nachgeordnet sind, während bei Aichinger mit Wien ein vorherrschender Ortsbezug den literarischen Ton angibt, so erlauben die beiden ‚Probebohrungen‘ nun doch ein differenzierteres Bild.
Wenngleich Aichinger seit Anfang der 50er Jahre „Landschaft“ weiterhin als etwas Räumliches und Raummarkierendes begreift, zeigt sich deutlich, dass sie dem Wort, dem poetischen Landschafts-Zeichen, zunehmend einen philosophischen Grund zu geben suchte. Ihr Schreiben war wesentlich durch die Erfahrungen im Wien der 30er und 40er Jahre – als Tochter einer jüdischen Mutter – geprägt; und während sie ihren poetischen Ausdruck in Lyrik und Prosa erst ertasten musste und dabei überraschend neue Wege ging, folgte Eich zunächst eher vertrauten Pfaden. Diese verließ er jedoch, als er nach 1945 erkennen musste, wie nachhaltig die durch den Krieg zerstörte Welt sich im Zustand der Verstörung befand; und dass das dichterische Wort – insbesondere das der Naturlyrik – an seine Grenzen stoßen musste. Eich verabschiedete jedoch nicht den Bezug auf ‚die Natur‘, er ‚überführte‘ sie vielmehr radikal in einen anderen Kontext. Seine Texte vollziehen insofern keinen Traditionsbruch, vielmehr nehmen sie tradierte Bild- und Wortwelten auf und formen diese poetisch um. Dabei spielten die regionale Vergangenheit, aus der er kam und die im märkischen Oderland ihre Wurzeln hatte, eine ebenso große Rolle wie die Bergwelten Bayerns und Österreichs, in die es ihn nach dem Krieg verschlagen hatte. Dass er für ein Oder-Gedicht mehrere Anläufe benötigte und sich dabei auch Theodor Fontane annäherte (dessen Erzählung Unterm Birnbaum Eich für den Hörfunk bearbeitete und mit einem der Oder-Gedichte verband), ist bezeichnend. Das in diesem überarbeiteten und erweiterten Vortrag entfaltete Spektrum der poetischen Bezüge auf Ort und Landschaft bei Günter Eich und Ilse Aichinger bietet Einblicke in die Arbeit der beiden Autoren, macht Vorschläge für eine Interpretation, die zweifellos skizzenhaft bleiben muss.